Polens Politik versuchte vergeblich, die Friedensmission zu behindern. Eine afrikanische Friedensmission reist nach Kiew und Moskau – und steht wegen ihres russlandfreundlichen Anführers unter Beobachtung. Sechs Präsidenten aus allen Ecken des Kontinents besuchen Selenski und Putin, um Wege zum Frieden zu prüfen. Argwohn weckt, dass die Delegation von Südafrika angeführt wird. Nach der Weigerung der polnischen Regierung, das Sicherheitspersonal von Präsident Ramaphosa in Warschau aussteigen zu lassen, ist ein diplomatischer Streit ausgebrochen. Der Leiter der Präsidentenschutzeinheit, General Wally Rhoode, hat die polnische Regierung beschuldigt, zu versuchen, die afrikanische Friedensmission in der Ukraine und in Russland zu sabotieren. Inzwischen sind Präsident Ramaphosa und die Präsidenten von Sambia, Senegal und den Komoren mit dem Zug in die ukrainische Hauptstadt Kiew gereist, während die Präsidenten von Kongo-Brazzaville, Ägypten und Uganda ihre Vertreter entsandt haben.
NZZ: Sieben hätten es sein sollen, nun sind es sechs, weil einer an Covid erkrankt ist: Eine Delegation afrikanischer Präsidenten reist am Freitag zuerst nach Kiew, am Samstag dann nach Moskau, um sich mit Wolodimir Selenski und Wladimir Putin zu treffen. Es ist eine «Friedensmission», sie will Wege zum Frieden in der Ukraine ausloten.
Die Staatschefs kommen aus allen Ecken des Kontinents – mit dabei sind der südafrikanische Präsident Cyril Ramaphosa, der ägyptische Präsident Abdelfatah al-Sisi, dazu die Präsidenten von Sambia, Senegal, Kongo-Brazzaville und den Komoren. Die Komoren haben derzeit den Vorsitz in der Afrikanischen Union inne. Ugandas Präsident Yoweri Museveni – ein Verbündeter des Westens in ostafrikanischen Sicherheitsfragen, aber mit gewissen Sympathien für Putin – sagte wegen einer Covid-Erkrankung ab.
Was die afrikanischen Präsidenten den Kriegsparteien vorschlagen wollen, ist nur in groben Umrissen bekannt. Als die südafrikanische Regierung die Reise Mitte Mai ankündigte, sprach sie davon, man wolle sich mit Selenski und Putin über die «Bedingungen für eine Waffenruhe und dauerhaften Frieden in der Region» austauschen. Die Aussenminister der beteiligten afrikanischen Staaten würden die Bedingungen für eine Roadmap zum Frieden erarbeiten.
Der Krieg löste Schockwellen aus in Afrika
Der Ukraine-Krieg hat in Afrika Schockwellen ausgelöst, weil viele Länder von Importen aus Russland und der Ukraine abhängig sind. Es geht dabei vor allem um Weizen und Dünger. Rund 30 Prozent der globalen Weizenexporte kommen üblicherweise aus der Schwarzmeerregion. In vielen afrikanischen Ländern verdoppelte sich nach der russischen Invasion der Düngerpreis – mit der Folge, dass viele Kleinbauern ohne Dünger anpflanzten und geringere Ernteerträge in Kauf nahmen.
Die meisten afrikanischen Regierungen glauben, im Ukraine-Konflikt nichts gewinnen zu können – aber vor allem wirtschaftlich viel verlieren zu können. Viele sträubten sich deshalb, Partei für die Ukraine zu nehmen. Das zeigte sich am deutlichsten in mehreren Uno-Abstimmungen, in denen nur eine knappe Mehrheit der afrikanischen Staaten die russische Invasion verurteilte.
Von den Staaten, die nun an der afrikanischen Friedensmission teilnehmen, verurteilten Sambia und Ägypten die Invasion in der letzten Abstimmung, Südafrika, Uganda und Kongo-Brazzaville enthielten sich. Senegal nahm nicht teil.
Die Ukraine eröffnet Botschaften, Russland schickt Dünger
Der afrikanische Wunsch nach Neutralität hat dazu geführt, dass der Kontinent seit Kriegsbeginn zum Ziel geopolitischer Charmeoffensiven geworden ist. Die USA haben im Dezember in Washington eine grosse USA-Afrika-Konferenz durchgeführt und die Zahl hochrangiger Besuche auf dem Kontinent stark erhöht. Die Ukraine plant, in einer Reihe von afrikanischen Ländern neue Botschaften zu eröffnen. Russland wirbt unter anderem mit Düngerlieferungen um afrikanische Sympathien; 34 000 Tonnen trafen zum Beispiel Ende Mai per Schiff an der kenyanischen Küste ein.
Weder Moskau noch Kiew wollten deshalb die afrikanische Friedensmission kleinreden. Der Kreml kündigte ein «sehr wichtiges internationales Treffen» an, auch aus Kiew kamen freundliche Worte.
Trotzdem steht die afrikanische Delegation unter Beobachtung – was daran liegt, dass sie von Südafrika angeführt wird. Die Regierungspartei des Landes, der African National Congress (ANC), hat historisch enge Verbindungen nach Russland; sie stammen aus der Zeit, in der die Sowjetunion die damalige Befreiungsbewegung ANC im Kampf gegen die Apartheid unterstützte.
Inzwischen betont die südafrikanische Regierung, man sei neutral, unterhalte sowohl mit Russland als auch mit dem Westen gute Beziehungen.
Commentaires