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AutorenbildWolfgang Lieberknecht

EU ist über Gaza tief gespalten: 842 EU-Mitarbeiter protestieren gegen von der Leyens Gaza-Politik

Länder wie Spanien, Slowenien und Irland hingegen unterstützten Guterres ausdrücklich. Das Leid unschuldiger Zivilisten in Gaza habe ein Ausmass erreicht, das eine sofortige Einstellung der Kampfhandlungen erfordere, sagte der irische Aussenminister Michael Martin. Länder wie Deutschland, Österreich und Tschechien folgen noch am ehesten von der Leyens Position.


Neue Züricher Zeitung: Wegen «bedingungsloser» Unterstützung Israels: Die Kommissionspräsidentin hat sich klar auf die Seite Israels gestellt und dafür Empörung in ihren eigenen Reihen geerntet. Schwinden ihre Chancen für eine zweite Amtszeit in Brüssel? Ursula von der Leyen muss sich mit der schärfsten internen Kritik seit Beginn ihrer Amtszeit als Kommissionspräsidentin auseinandersetzen. Hunderte von Beamten und Mitarbeitern der EU werfen ihr vor, im Nahostkonflikt zu proisraelisch zu agieren. In einem offenen Brief, der von der Leyen am Wochenende erreichte, heisst es, dass die Deutsche mit ihrer «bedingungslosen» Unterstützung Israels «freie Hand für die Beschleunigung und Legitimierung eines Kriegsverbrechens im Gazastreifen» gegeben habe.


Ungewöhnlicher Vorgang

Die EU-Bediensteten verurteilen die terroristischen Angriffe der Hamas, prangern aber zugleich Israels «unverhältnismässige Reaktion» an, die von der Leyen mit ihrer Haltung ignoriere. Wörtlich heisst es in der Erklärung, die von 842 Personen unterzeichnet wurde, und der NZZ vorliegt: «Wir erkennen kaum die Werte der EU in der scheinbaren Gleichgültigkeit, die unsere Institution in den letzten Tagen gegenüber dem anhaltenden Massaker an Zivilisten im Gazastreifen an den Tag gelegt hat.»

Josep Borrell, der EU-Aussenbeauftragte, wies seine Chefin später öffentlich zurecht und erklärte, sie sei nicht berechtigt, die EU in aussenpolitischen Fragen zu vertreten. Doch schwerer noch wog für von der Leyens Kritiker, dass die Deutsche bei ihrem Solidaritätsbesuch die israelische Regierung nicht an die Grenzen des humanitären Völkerrechts erinnert habe.

Ausgelöst wurde der offene Brief der EU-Beamten indes erst durch eine Rede, die von der Leyen am vergangenen Donnerstag im Hudson Institute, einem konservativen Think-Tank in Washington, hielt. Darin hatte die Kommissionschefin vor allem vom Selbstverteidigungsrecht Israels gesprochen, die Zwei-Staaten-Lösung aber mit keinem Wort erwähnt. Das Konzept gilt in Brüssel als einzige realistische Option für einen dauerhaften Frieden in Nahost. Es ist auch der kleinste gemeinsame Nenner, auf den sich die Mitgliedstaaten einigen können. Es sei «verstörend», dass von der Leyen darauf keinen Bezug genommen habe, sagt ein Diplomat.


Länder wie Spanien, Slowenien und Irland hingegen unterstützten Guterres ausdrücklich. Das Leid unschuldiger Zivilisten in Gaza habe ein Ausmass erreicht, das eine sofortige Einstellung der Kampfhandlungen erfordere, sagte der irische Aussenminister Michael Martin. Länder wie Deutschland, Österreich und Tschechien folgen noch am ehesten von der Leyens Position.



responsible statecraft: Die gepriesene Einheit der EU löst sich in der Gaza-Krise auf Der Angriff der Hamas und die Reaktion Israels haben Mitgliedsstaaten und Institutionen gegeneinander ausgespielt, und das schwappt in die Öffentlichkeit über.

ELDAR MAMEDOV 25. OKTOBER 2023 Bereits 2019, als die derzeitige Europäische Kommission ihre Amtszeit antrat, verkündete ihre Präsidentin, die deutsche Konservative Ursula von der Leyen, den Ehrgeiz, eine "geopolitische Kommission" aufzubauen oder die Fähigkeit der EU zu stärken, bei der Gestaltung der internationalen Ordnung auf Augenhöhe mit Akteuren wie den Vereinigten Staaten und China gemeinsam zu handeln. Die Krise in Gaza, die durch die schrecklichen Gräueltaten der Terrororganisation Hamas ausgelöst wurde, und die Besorgnis darüber, inwieweit die israelische Reaktion mit dem Völkerrecht vereinbar wäre, haben diesen Ehrgeiz zunichte gemacht und einer Kakophonie und einem Bild tiefer Spaltung innerhalb der EU Platz gemacht. Das war vielleicht unvermeidlich, wenn man bedenkt, wie spaltend die Israel-Palästina-Frage in der EU ist – im Gegensatz zum russischen Krieg in der Ukraine, der eine bemerkenswert einheitliche Reaktion des Blocks hervorrief. Die Spaltungen ziehen sich durch die 27 EU-Mitgliedstaaten und spiegeln ihre unterschiedlichen historischen Erfahrungen und Empfindlichkeiten der öffentlichen Meinung wider, wobei Irland und Spanien traditionell als die größten Sympathisanten für die palästinensische Sache angesehen werden, während Deutschland, Österreich und osteuropäische Staaten wie Ungarn und die Tschechische Republik zu Israel tendieren. Es gibt auch Meinungsverschiedenheiten zwischen den EU-Institutionen selbst, wie von der Leyens Kommission, dem Europäischen Rat unter dem Vorsitz des ehemaligen belgischen Premierministers Charles Michel und dem Europäischen Auswärtigen Dienst, dem noch jungen diplomatischen Dienst der EU unter der Leitung des altgedienten spanischen Politikers Josep Borrell. Um die Sache noch komplizierter zu machen, offenbarte die Gaza-Krise Spaltungen innerhalb der Kommission selbst. Und auch die politische Couleur der Regierungen der EU-Mitgliedstaaten spielt eine Rolle. Zum Beispiel wurde Schweden, das während des größten Teils des letzten Jahrhunderts von Sozialdemokraten regiert wurde, traditionell als Unterstützer der palästinensischen Sache angesehen, wechselte aber unter der aktuellen rechten Regierung (die parlamentarische Unterstützung von einer Partei mit neonazistischen Wurzeln genießt) auf eine "pro-israelische" Seite.

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