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AutorenbildWolfgang Lieberknecht

Brics-Beitritt Indonesiens: „Geopolitischer Durchbruch für den Globalen Süden“: Er ist ein klares Statement an Washington und Brüssel, dass es Alternativen zur westlichen Dominanz gibt

Vor dem Beitritt Indonesiens machten die Brics-Staaten 46 Prozent der Weltbevölkerung und 35 Prozent des globalen Bruttoinlandsprodukts aus. Die weltpolitischen Gewichte könnten sich nun endgültig zugunsten der Brics verschieben. Einem Brics-Beitritt Indonesiens wird die neue Trump-Administration misstrauisch gegenüberstehen. So erwägt der Block sich von der Dominanz des US-Dollars zu lösen – für Trump ein No-Go. „Wir verlangen von diesen Ländern die Zusage, dass sie weder eine neue Brics-Währung schaffen noch eine andere Währung unterstützen werden, um den mächtigen US-Dollar zu ersetzen“, so der designierte US-Präsident. Der Republikaner drohte während seines Wahlkampfes allen Brics-Mitgliedern mit Zöllen von 100 Prozent.



Berliner Zeitung: Indonesien ist das zehnte und jüngste Vollmitglied der Brics. Brasilien, das derzeit die Brics-Präsidentschaft innehat, gab die geopolitisch brisante Nachricht am Montag in einer Pressemitteilung bekannt. Damit erweitert sich das Brics-Bündnis um das viertbevölkerungsreichste Land der Welt (277 Millionen Einwohner), ein G-20-Land, das zugleich die stärkste Wirtschaftsmacht Südostasiens ist.

Die Euphorie in Peking, Moskau, Brasilia und Co. ist groß. Und auch im muslimisch geprägten Inselstaat freut man sich über die „wachsende und aktive Rolle Indonesiens in globalen Angelegenheiten“, wie das Außenministerium in Jakarta verlauten ließ. Präsident Prabowo Subianto sieht sogar eine neue „indonesische Epoche“ anbrechen.

„Der Brics-Beitritt hat für Indonesien auf vielerlei Ebenen eine hohe symbolische Bedeutung“, sagt Amanda tho Seeth. Die Islam- und Indonesien-Expertin der Berliner Humboldt-Universität weist im Gespräch mit der Berliner Zeitung darauf hin, dass Präsident Prabowo mit der indonesischen Brics-Mitgliedschaft ein „geopolitischer Durchbruch“ gelungen ist.

Die Brics sind für Indonesien eine „wertvolle Plattform für die Förderung der Süd-Süd-Zusammenarbeit“, heißt es beispielsweise aus dem Außenministerium in Jakarta zum Brics-Beitritt. Die Mitgliedschaft in dem bisher eher losen Bündnis werde zudem sicherstellen, „dass die Stimmen und Bestrebungen der Entwicklungsländer gehört werden und sich in globalen Entscheidungsprozessen widerspiegeln“. Der Globale Süden gewinnt also mit dem Indonesien-Beitritt in die Brics an Einfluss.

Auch Expertin tho Seeth sagt: „Der Beitritt zu Brics kann so verstanden werden, dass sich für Indonesien jetzt ein Kreis schließt und das Land wieder ein anerkanntes Mitglied in der Riege der führenden Mächte des Globalen Südens ist. Wie der Stellungnahme des indonesischen Außenministeriums zu entnehmen war, geht es genau um dieses Narrativ der Wertschätzung und Anerkennung und der größeren Sichtbarkeit des Landes auf dem internationalen Parkett.“

Zu den großen Brics-Mitgliedern wie China, Russland und Brasilien pflegt Jakarta jeweils gute Beziehungen. Die Regierung am Zuckerhut unter Präsident Lula da Silva erhofft sich einen „positiven Beitrag zur Vertiefung der Zusammenarbeit im Globalen Süden“. China nennt den südostasiatischen Inselstaat ein „bedeutendes Entwicklungsland“ und „wichtige Kraft“ in der Region.

„China ist aktuell Indonesiens wichtigster Handelspartner und Prabowo hat angekündigt, die Zusammenarbeit zu intensivieren“, fasst Expertin tho Seeth die aktuellen Beziehungen zusammen. „China hat 2019 Indonesiens ersten Schnellzug gebaut, ähnliche infrastrukturelle Projekte sind zu erwarten. Trotz der angespannten Lage im Südchinesischen Meer, hält Indonesien an einer guten wirtschaftlichen Partnerschaft mit China fest.“

Auch Kremlchef Wladimir Putin gratulierte den Indonesiern zum Brics-Beitritt. Russlands Präsident forciert schon seit längerem ein Freihandelsabkommen mit Jakarta. In wirtschaftlichen Bereichen wie Energie, Nahrung und Infrastruktur wollen Russland und Indonesien ihre Zusammenarbeit vertiefen. Auch politisch verspricht sich Indonesien viel von guten Beziehungen zu Russland: Erst im vergangenen Sommer besuchte der indonesische Staatschef Prabowo Putin in Moskau.

„Indonesien versucht eine relativ neutrale Position im Krieg zwischen Russland und der Ukraine einzunehmen und vor allem die Beziehung zu Russland nicht zu gefährden“, sagt tho Seeth.

Etwas heikler gestaltet sich im neuen Brics-Kosmos lediglich das indonesisch-indische Verhältnis. „Als mehrheitlich muslimisches Land betrachtet Indonesien den Hindunationalismus und die Diskriminierung von Muslimen in Indien kritisch“, sagt tho Seeth. Jakarta sei jedoch um einen Dialog mit Neu-Delhi weiterhin bemüht.

Und mit dem Westen? Auch wenn Indonesien traditionell gute Beziehungen zu den USA oder den EU-Staaten unterhält, „lässt sich aktuell eine Tendenz zu mehr offener Kritik gegenüber dem Westen beobachten“, sagt tho Seeth. „Die vom Westen dominierte sogenannte liberale Weltordnung wird zunehmend kritisiert, da sie zu wenig auf die Belange des Globalen Südens eingeht.“

Die indonesische Führung wolle die liberale Weltordnung zwar nicht gänzlich abschaffen, sie jedoch inklusiver gestalten und zwischen dem Westen und dem Globalen Süden vermitteln. Der Brics-Beitritt sei deshalb ein klares Statement an Washington und Brüssel, dass es Alternativen zur westlichen Dominanz gibt.

Die große Unbekannte sei, so die Indonesienexpertin, das zukünftige Verhältnis zu den USA unter Präsident Donald Trump, der sich von einer wachsenden Gruppe von Brics-Ländern provoziert fühlen dürfte. Trotzdem: „Indonesien blickt auf enge Beziehung zu den USA zurück und wird bestrebt sein, diese im Großen und Ganzen beizubehalten“, sagt tho Seeth.

Fest steht jedenfalls: Außenpolitisch will Präsident Prabowo Indonesien mehr Aufmerksamkeit und Gehör verschaffen. Bei den großen Krisen und Kriegen – ob in Ostasien, Nahost oder anderswo – will das Land aktiv mitreden und sich als Akteur, allen voran als Vermittler, anbieten. Dabei strebt Prabowo weiterhin eine ausgewogene Außenpolitik zwischen den großen Machtzentren in Washington und Peking an. Übrigens will Indonesien parallel zur Brics-Mitgliedschaft auch der eher westlich orientierten Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) beitreten.





 


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