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AutorenbildWolfgang Lieberknecht

Die angelsächsischen Mächte betreiben Großmachtpolitik auf unseren eurasischen Kontinent, auf Kosten der Europäer: Zbigniew Brzezinski in der imperialen Denktradition von Halford Mackinder



Was ist die Heartland-Theorie? Bedeutung, Definition, Erklärung

Die Heartland-Theorie wurde 1904 vom Briten Halford Mackinder (1861 – 1947) aufgestellt. Sie betrachtet Geopolitik und -Strategie unter Berücksichtigung eines russisch geprägten „Herzlandes“.


Ursprung der Heartland-Theorie

Mackinder war ein Geograf, er stellte die Theorie in einem Aufsatz für die Royal Geographical Society unter dem Titel „The geographical pivot of history“ vor. Später übernahm er sie in sein Werk „Democratic Ideals and Reality“. Mit der Theorie eines Herzlandes wollte er seine Landsleute warnen, die damals noch im Bewusstsein des Britischen Empires lebten. Es ging ihm darum, dass die Mächte im Herzland (bzw. das schon damals in dieser geografischen Region dominierende Russland) allein durch ihre Lage sehr bedeutsam sind.

Mackinder arbeitete sehr fundiert an seiner Heartland-Theorie und betrachtete auch ökonomische, technische und industrielle Ressourcen sowie die Rohstoffe und die Bevölkerung im Herzland. Es ging ihm eigentlich darum, Land- und Seemächte miteinander zu vergleichen. Großbritannien hatte seine globale Stellung schließlich als Seemacht ausgebaut, doch Mackinder gelangte zur Auffassung, dass die Landmacht im Herzland – mithin Russland – mächtiger werden könne. Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges aktualisierte der Forscher seine Theorie, die bis heute als höchst bedeutsam gilt und seit den imperialistischen Bestrebungen Russlands der letzten Jahre brisanter denn je erscheint.


Geographie: Heartland-Theorie

Laut Mackinder gibt es eine Weltinsel und ein „Herzland“. Die Weltinsel besteht demnach rein geografisch aus den physisch miteinander verbundenen Kontinenten Europa, Afrika und Asien. Sie bilden in geografischer Hinsicht zusammen die größte Landmasse der Erde, gleichzeitig leben hier die meisten Menschen mit der größten Wirtschaftskraft. Halbmondförmig angeordnet machte Mackinder außerdem küstennahe und küstenferne Inseln aus. Zu Letzteren zählte er den gesamten amerikanischen Kontinent und Australien, während beispielsweise Großbritannien eine küstennahe Insel ist. Das Herzland (die Pivot Area) nimmt das Zentrum der Weltinsel ein. Es erstreckt zwischen den Flüssen Wolga und Jangtsekiang sowie vom arktischen Kontinent bis zum Himalaya. Dieses Gebiet wurde schon damals überwiegend vom Russischen Reich beherrscht, später von der Sowjetunion.


Was besagt die Heartland-Theorie?

Es ist eine orthodoxe geopolitische Theorie, die auf einem materialistisch geprägten Menschenbild fußt. Sie geht vom Wettbewerb der Menschen und Staaten aus, die ihre geografischen Einflussbereiche und damit ihre Ressourcen vergrößern wollen. Über Jahrhunderte war dies Seemächten gelungen wie den Briten in ihrem kolumbianische Zeitalter, das mit der Entdeckung von Amerika durch Christoph Kolumbus begonnen hatte, sich aber im frühen 20. Jahrhundert seinem Ende zuneigte. Es gab vor Mackinder andere Theoretiker wie Alfred Thayer Mahan, die glaubten, dass grundsätzlich Seemächte größere Chancen auf Dominanz haben. Dies stellte Mackinder absolut infrage. Er wies nach, dass historisch gesehen immer wieder zeitweise Seemächte und zeitweise Landmächte dominiert hatten.

Letztere konnten Seemächte auch dadurch bezwingen, dass sie ihre Stützpunkte von Land aus eroberten. Zwar konnte Großbritannien ab dem 16./17. bis zum ausgehenden 19. Jahrhundert mit seiner Flotte die Weltmeere und damit viele Überseegebiete effektiv kontrollieren, jedoch gewannen schon in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts Landmächte durch neue technische Entwicklungen deutlich mehr Einfluss. Dazu zählten die Dampfmaschine, die Eisenbahn und schließlich der motorisierte Straßenverkehr. In diesem Zuge wurden Straßen- und Eisenbahnnetze deutlich ausgebaut, was die Macht kontinentaler Staaten stärkte. Russland lag allerdings um die Jahrhundertwende vom 19. zum 20. Jahrhundert sowohl technisch als auch infrastrukturell hinter entwickelteren Staaten.

Mackinder sage allerdings voraus, dass dieses „Herzland“ – das europäische Russland und Westsibirien – deutlich mehr Einfluss gewinnen würde, wenn es erst über die nötigen Verkehrswege, die Technik und einen dementsprechend hohen industriellen und ökonomischen Standard verfügen würde. Russland könne dann zum mächtigen Kontinentalstaat, zum beherrschenden Staat des „Herzlandes“ und schließlich zum Herrscher über die „Weltinsel“ (also Europa, Afrika und Asien) aufsteigen. Der nächste Schritt wäre dann die Weltherrschaft. Mackinder glaubte, dass der Herrscher über Osteuropa auch der Herrscher des Herzlandes, dieser der Beherrscher der Weltinsel und letzten Endes der Herrscher über die ganze Welt sein müsse. Das läge auch daran, so Mackinder, dass einem Staat mit diesem zunehmenden Einfluss gewaltige Rohstoff- und Bevölkerungsressourcen zufallen würden.

Eine zentrale Aussage der Heartland-Theorie ist: Wer Osteuropa beherrscht, beherrscht die Welt.


Ableitungen von Mackinder im frühen 20. Jahrhundert

Nach 1918 glaubte Mackinder, dass der in Zentraleuropa größte Staat Deutschland sich auf die Beherrschung Osteuropas konzentrieren könne, um anschließend das Herzland, die Weltinsel und schließlich die gesamte Welt zu beherrschen. Deutschland war freilich zu jenem Zeitpunkt durch den Ersten Weltkrieg erheblich geschwächt, doch bekanntlich folgte Adolf Hitler später genau diesem Gedanken. Schon Mackinder war der Auffassung, dass dieser Krieg auch hätte anders ausgehen können und dass es möglicherweise einen neuen dementsprechenden Versuch Deutschlands geben würde. Damit behielt er recht. Möglicherweise kannte Hitler die Heartland-Theorie. Auf jeden Fall liefen all seine Anstrengungen darauf hinaus, ihrer Logik zu folgen.


Aktueller Blick auf die Heartland-Theorie (2022)

Im Frühjahr 2022 erscheint die Heartland-Theorie aktueller denn je. Nachdem Deutschland vor nunmehr rund 80 Jahren seine Chance auf die Beherrschung des Herzlandes und später der Welt verspielt hat und Russland inzwischen ein moderner Staat wurde, ist es an der Zeit, dass dieser Staat im geografischen Zentrum des Herzlandes endlich auch seine von der Heartland-Theorie gewollte Dominanz militärisch durchsetzt. Wiederum wissen wir nicht, ob Putin diese Theorie kennt und inwieweit er ihrer Logik vertraut. Jedoch verhält er sich ähnlich wie Hitler. Dies ließe für die nahe Zukunft nichts Gutes erwarten: Putin würde nach der Herrschaft in Osteuropa greifen. Siehe: Was ist die Suwalki-Lücke? Was will Putin mit dem Krieg in der Ukraine erreichen?

Rezeption und Weiterentwicklungen der Heartland-Theorie

Selbstverständlich wurde die Theorie schon immer kontrovers diskutiert. Orthodoxe Vertreter der Geopolitik glauben gern an sie, auch wenn sie Mackinders Schlussfolgerungen für etwas simpel halten. Daher habe er wohl auch die Rolle der USA unterschätzt, die in den 1910er bis 1920er Jahren durchaus schon abzusehen war. Dies merkte unter anderem der US-amerikanische Politologe C. Dale Walton an.

Es gibt von anderer Seite noch mehr Kritik. So soll nach der Auffassung einiger Forscher Mackinder schlichtweg unterschlagen haben, dass die Seemächte ihrerseits wieder auf ganz neuen Wegen (etwa durch technische Innovationen) ihre alte Macht zurückgewinnen könnten. Dies geschah in der Tat, indem nämlich die USA Nuklearwaffen sowie Langstreckenraketen und -bomber entwickelten, die wiederum das Herzland empfindlich treffen können. Es gab auch in den 1940er Jahren Wissenschaftler, die die Heartland-Theorie für sehr begründet hielten.

So formulierte der US-Geograf Nicholas J. Spykmans damals die These, dass die USA in den Krieg eintreten müssten, um eine Kontrolle der Weltinsel durch Mächte wie Deutschland zu verhindern, die mit dieser Herrschaft tatsächlich nach der ganzen Welt greifen könnten. Wenn es gegenwärtig Politiker gibt, welche an diese Theorie glauben, so müssten sie das Expansionsstreben Russlands mit aller Kraft einzudämmen versuchen.


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