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AutorenbildWolfgang Lieberknecht

Hannah Arendt: Über Freiheit und Revolution: Das Recht selbstbestimmt Neues zu schaffen

Aktualisiert: 31. Dez. 2021


2.2.3 Zusammenfassung

Revolutionen sind nach Arendt neuzeitliche Phänomene, die zwei für die politische Theorie bedeutsame Aspekte mit sich bringen, zum einen den Aspekt der Unvermeidlichkeit, zum anderen die Räte.

Revolutionäre Ereignisse werden von den politischen Akteuren als unvermeidliche Ereignisse empfunden, ähnlich wie Naturkatastrophen. Aus diesem Empfinden von Unvermeidlichkeit leitet sich die Lehre ab, die Arendt Prozeßdenken nennt, nach der die Geschichte sich notwendig nach einem bestimmten Muster entwickelt. Diejenigen, die dieses Muster kennen, haben nach dieser Lehre den Führungsanspruch, legitimiert durch ihre überlegene Einsicht. Das eigentlich Politische ist damit überflüssig, Abweichler werden im Namen der historischen Notwendigkeit liquidiert.

Diesem negativen Aspekt von Revolutionen steht als positiver Aspekt das Phänomen der Räte gegenüber. Räte sind spontan gebildete Volksorgane1, in denen sich nach Arendt das Wesen des Handelns, also des Politischen, verwirklicht. Räte ermöglichen jedem den Zugang zum öffentlichen Raum der Politik und in einer von unten gewachsenen hierarchischen Pyramide kann ein ganzes Land in Räten organisiert sein. Arendt bedauert, daß die Räte in der Geschichte keine Chance bekamen, sich zu etablieren und beruft sich dabei auf Thomas Jefferson, der ein Rätesystem in der Verfassung der USA verankern wollte.2 2.2.3 Zusammenfassung (Revolution - Einführung in Hannah Arendts politische Philosophie) (achimwagenknecht.de)




Arendt betont im ersten Kapitel („Der geschichtliche Hintergrund“) den großen Einfluss der US-amerikanischen Gesellschaft vor der Amerikanischen Revolution auf die europäischen Völker. Hier gab es schon einen »verblüffenden Wohlstand« (Robert Redslob). Allein diese Tatsache brach den ewigen Kreislauf der menschlichen Geschichte auf. Vorher galt es als natürlich, dass es Arme und Reiche gab. In Amerika gab es Arendt zufolge keine Armut, wie es sie noch in Europa gab, und dies sprach sich in Europa herum. Hingegen ist die eigentliche Amerikanische Revolution für die weiteren europäischen Revolutionen folgenlos geblieben. Ein weiterer wichtiger Grund, warum die Revolutionen in der Neuzeit ausbrachen, sei die Säkularisierung.

Nach Arendt kann man von einer „Revolution“ sprechen, wenn es den Handelnden um die Freiheit geht und ein neuer Anfang gemacht wird. Unter Freiheit versteht Arendt nicht Befreiung von Not, Elend oder Furcht. Diese Befreiung sei eher negativer Art, in fast jeder Staatsform möglich und eine gute Voraussetzung für eine Revolution. Positiv verstanden bedeute Freiheit die Möglichkeit, frei zu handeln. Und diese Erfahrung machten die „Männer der Revolution“ – eine Formulierung, die Arendt häufig benutzt. Es sei der „revolutionäre Geist“, der hier das erste Mal in unserer Zeitrechnung auftauchte, „nämlich das Verlangen, zu befreien und der Freiheit selbst eine neue Stätte zu gründen“. (S. 42)








Hannah Arendt – Widerstand, Revolution und Freiheit

Die jüdische Philosophin Hannah Arendt (1906 - 1975) wird derzeit neu entdeckt. Im Zentrum ihrer Philosophie steht die menschliche Freiheit. Eine Revolution ist für sie erst dann vollständig, wenn danach ein "öffentlicher Raum der Freiheit" errichtet wird, in dem jeder als Gleicher unter Gleichen am politischen Leben teilhaben und die neue Gesellschaft mit gestalten kann. Ein hochaktueller Gedanke.

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